Das Bild vom Menschen erfährt im 19. Jahrhundert eine wesentliche inhaltliche Vertiefung und Bereicherung.

Das Porträt entwickelt sich von einem (repräsentativen) Klischee hin zu einem "echten" Bildnis ( - oder Abbild) im Sinne des Festhaltens der real gegebenen Physiognomie und der Erfassung des Charakters eines Modells. Das führt hin bis zu psychologisierenden, hochsensiblen Portraits von Anton Romako, die später für Oskar Kokoschka wegweisend wurden.

(Fortsetzung unten)


( ...Fortsetzung von Text oben)

Hinter dieser Tendenz steht auch eine neue, nämlich bürgerliche Klientel, die sich im Vergleich zum Adelsporträt Freiheiten nehmen konnte und neben Standesbewusstsein auch Werte darüber hinaus zu kommunizieren bereit war. Die Erfindung der Fotografie spielte als Katalysator natürlich eine wesentliche Rolle, auch in dem Punkt, dass in der Malerei Qualitäten dargestellt werden konnten, die der Fotografie (noch) versagt blieben.

In Genredarstellungen des 19. Jahrhunderts spiegeln sich Lebensrealitäten, wird Sozialkritik geübt und das Menschsein mit seinen unvermeidlichen (liebenswerten) Schwächen aufgezeigt. Sehnsüchten, Stolz, aber auch Moden wird Raum gegeben oder - wie bei Michael Neder - profaner Lebensalltag subtil pointiert und in nur vermeintlicher Harmlosigkeit beschrieben.

Bei Ferdinand Georg Waldmüller begegnet man nicht erst im Spätwerk einer existenziell tiefgründigen Haltung, die über ein allgemeines Repertoire an plakativen und so gerne mit dem Begriff "Biedermeier" verbundenen Tugenden hinausgeht. Exotisches - man denke an die erfolgreichen Orientmaler -, Anekdotisches / Momenthaftes - zum Beispiel aus dem Wiener Stadtleben - aber auch Erotisches findet in der sich dem modernen Leben öffnenden Themenwelt naturgegeben Platz.

Das Überwinden von Konventionen ist eine Errungenschaft des 19. Jahrhunderts und ebnet den Weg in die Moderne.