ERNST FRIEDRICH. Geflechte

Ernst Friedrich geht immer von der Natur aus. Gräser, Geäst, Raureif, in letzter Zeit besonders Birkenrinden. Oft werden Fotos als Beobachtungserinnerungen gemacht.

IM ATELIER SETZT ER DIESE ABGEHOBENEN NATURSTRUKTUREN IN EINE KUNSTREALITÄT. IN GRAFISCHE BLÄTTER UM. HIER BEGINNT DIE EIGENTLICHE KÜNSTLERISCHE ARBEIT.

Der Künstler gestaltet seine Blätter in verschiedenen Schichten. Bleistift, Farbstift bilden meist die erste Schicht. Dann folgt oft eine Graphitschicht. Eine weiße Ölkreide schafft die nächste grafische Lage. Mit einem harten Bleistift werden dann bestimmte Teile aus der bisherigen Schichtdecke wieder dunkel herausgearbeitet. Dieser Arbeitsprozess bestimmt auch weitgehend die Art und Qualität der grafischen Blatter: ihre Dichte, ihre Textur, sowohl ihre Dynamik (eher im Detail) als auch ihre Ausgewogenheit (eher in der Gesamtform). Insgesamt ihre schaubare Poesie. Die einzelnen Schichten erzeugen sowohl Tiefe als auch Dichte. Die ausgefransten Strichränder signalisieren diesen Entstehungsprozess in Schichten.

DABEI ARBEITET ERNST FRIEDRICH MEIST VOM IMPULSIVEN (1. SCHICHT) ZUM BERHERRSCHTEN HIN. DOCH TROTZ – ODER GERADE WEGEN – DIESER BEHERRSCHTHEIT BLEIBT BEI DEM GESTALTUNGSPROZESS STETS EIN FREIRAUM FÜR ENTDECKUNGEN, FÜR GRAFISCHE ÜBERLEGUNGEN, FÜR VISUELLE GEHEIMNISSE.

Dies betont der Künstler für sich selbst. Und dies ereignet sich auch für den Betrachter. Eine Qualität der grafischen Arbeiten von Ernst Friedrich liegt darin, dass der Betrachter einsteigen kann in diese visuellen Überraschungen und Geheimnisse, in das Spiel von Oberfläche und Tiefe, in das Spiel der grafischen Texturen und Strukturen.

WER SEHEN KANN, SIEHT UND WER NICHT SEHEN KANN, LERNT VIELLEICHT ETWAS BESSER SEHEN. UND ER SOLLTE HINSEHEN. ES LOHNT SICH.

(Dieter Schrage)

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